Dynamik des Bespannens

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  • Jens
    Administrator
    • 13.09.2001
    • 6607

    Dynamik des Bespannens

    Weil immer wieder danach gefragt wird, eröffne ich jetzt mal einen Thread
    zum Thema "Längssaiten oder Quersaiten härter bespannen?".



    Prinzipiell stimmt die Überlegung, daß man die längeren Saiten, also die
    Längssaiten, härter bespannen sollte, als die kürzeren Saiten (Quersaiten),
    um ein gleichmäßiges Saitenbett zu erhalten (das ultimative Ziel beim
    Bespannen).



    Jedoch darf man nicht davon ausgehen, daß die beim Besaiten eingestellte
    Spannung nachher auch auf dem Schläger ist! Hier nochmal die zwei Gründe,
    warum es zu einer nachträglichen Differenz zwischen Längs- und Quersaiten
    kommt:



    1. Beim Spannen der Quersaiten gehen ca. 10% der eingestellten Spannung
    durch Reibungskräfte verloren. Das wurde von Cross & Bower 2001 gemessen.
    D.h. wenn man mit 25 kg zieht, hat die Quersaite lediglich eine Spannung
    von 22.5 kg.



    2. Aufgrund des Durchwebens und der dadurch hervorgerufenen Auslenkung
    der Längssaiten aus der Ebene wird die Spannung der Längssaiten mit jeder
    Quersaite, die hinzukommt, um ca. 0.1 - 0.3 kg erhöht (auch das wurde
    gemessen von Dr. Carl Love). Wenn man also einen Schläger mit 18 Quersaiten
    hat, ist die Spannung der Längssaiten am Ende um 2-4 kg erhöht.



    Nimmt man diese zwei Faktoren zusammen, so wird deutlich, daß man bei
    einer Reduktion des Bespanngewichts für die Quersaiten die ohnehin schon
    wesentlich geringere Spannung noch weiter reduziert und sich somit von
    dem Ziel, ein gleichmäßiges Saitenbett zu erhalten, weiter entfernt.



    Konsequenterweise sollte man also beim Bespannen für die Quersaiten ein
    um 2kg höheres Gewicht einstellen als für die Längssaiten. Danach sind
    die Quersaiten immer noch um ca. 2 kg weicher als die Längssaiten, wodurch
    die unterschiedliche Länge der Längs- und Quersaiten ausgeglichen werden
    dürfte.



    Es ist ratsam, jetzt nicht einfach die Spannung der Quersaite zu erhöhen,
    sondern mit der Spannung der Längssaite herunterzugehen und die Spannung
    der Quersaite entsprechend anzupassen.

    Beispiel: Vorher 26/25, jetzt 24/26. Meine persönliche Erfahrung ist,
    daß sich das Saitenbett mit dieser Methode meist etwas hart anfühlt und
    ich empfehle eher noch weiter herunterzugehen, also in diesem Beispiel
    könnte 23/25 ebenfalls ein gutes Resultat liefern.



    Die Hauptvorteile dieser Methode sind zum Einen eine erhöhte Kontrolle
    (trotz der niedrigeren Spannung) und zum Anderen ein geringeres Saitenverrutschen.



    Wer die Möglichkeit hat, auf zwei identischen Schlägern mit identischer
    Saite beide Varianten auszuprobieren, der ist hiermit aufgerufen, den
    Direktvergleich zu machen!
  • FedEx

    #2
    Habe mit Deiner Variante auch ein besseres Gefühl beim Spielen! Kann es
    nur empfehlen (habe 24/26 bespannt, allerdings elastische multifile Saite).

    Kommentar

    • Tschevap

      #3
      Sehr gut! Ich wurde so häufig gefragt, warum ich denn quer immer 2kg draufpacke!




      Und jetzt diese Segnung von ganz oben! Toll



      So hält man die Motivation der Truppe hoch... viva el general!

      Kommentar

      • björn
        Me breaks the hat string
        • 21.01.2003
        • 2713

        #4
        Auch wenn ich mir unter dem Thread-Titel erstmal etwas anderes vorgestellt
        habe, ist diese Zusammenfassung selbst für mich Physik-3-Punkte-Gott verständlich!
        Super erklärt, Jens

        Kommentar

        • Thomas

          #5
          Mir ist eine Sache beim Bespannen der Längsaiten aufgefallen. Natürlich
          bespanne ich den Schläger von der Mitte zum Rand, Rechts wie auch Links
          immer schön Symmetrisch, damit der Schläger schön gleichmäßig belastet
          wird und sich nicht verzieht. Wenn ich die ersten Bahnen ( einmal Rechts
          und einmal Links), sagen wir einmal mit 27 Kg bespanne, wird der Schlägerkopf
          etwas gestaucht (wird sicher nur im zehntel Millimeter Bereich sein) Gehen
          wir einfach mal davon aus, das die Saite jetzt genau 27 Kg hat. Jetzt
          kommen die nächsten Saiten dazu und belasten den Kopf ebenfalls mit 27
          Kg und werden den Kopf weiter Stauchen (natürlich nicht mehr soviel wie
          bei der ersten Saite). Somit hat die erste Saite ganz bestimmt nicht mehr
          die 27 Kg. Das zieht sich natürlich weiter bis zur letzten Längssaite.
          Wenn ich mit den Fingen bzw. mit den Fingernagel über die Längssaiten
          streiche (Quersaiten sind noch nicht eingezogen), haben die äußeren Saiten
          einen höheren Klang als die Inneren (dieses bestätigt die physikalischen
          Eigenschaften der Kopfstauchung eindeutig, hoher Klang -> mehr Spannung
          auf der Saite). Aus dem Bauch würde ich sagen, das die Saiten in der Mitte
          maximal noch 23-25 Kg haben.



          Da ich aus der Verfahrenstechnik / Konstruktion komme leuchtet mir oben
          genanntes absolut ein und ist auch als Physikalisch schlüssig zu sehen.



          Ist euch das auch schon aufgefallen (habe auf diesem Board keine Infos
          dazu gefunden)?



          Mache ich eventuell etwas verkehrt (habe mit dem Besaiten erst angefangen,
          ca.15 Rackets)?



          Kann man diesem Phenomän entgegenwirken?



          PS. Butze eine Challenger 1 zum besaiten und habe mir bei der letzten
          Bespannung extra viel Zeit genommen, um jede Saite mit möglichst genau
          27 Kg zu belasten.



          Da es hier um Dynamik beim Bespannen geht, passt es glaube ich sehr gut
          hier in Thread, auch wenn ich nicht auf die Quersaiten eingehe.



          gruss pcpanther

          Kommentar

          • Jens
            Administrator
            • 13.09.2001
            • 6607

            #6
            @pcpanther

            Sehr gute Ergänzung zum Thema!

            Durch die Stauchung des Schlägerkopfes geht in der Tat etwas Spannung
            bei den mittleren Längssaiten verloren. Der höhere Klang der äußeren Längssaiten
            rührt aber natürlich auch durch die geringere Länge (Frequenz der Saite
            ist indirekt proportional zur Länge).

            Wenn aber anschließend die Quersaiten in den Schläger gespannt werden,
            wird die Längsstauchung wieder aufgehoben und die Spannung in den Längssaiten
            erhöht sich wieder.

            Kommentar

            • björn
              Me breaks the hat string
              • 21.01.2003
              • 2713

              #7
              @pcpanther



              Es gibt einige Profi-Besaiter, die diesem Phänomen durch "proportional
              stringing" entgegenwirken. Will sagen: diese Leute besaiten in der Mitte
              härter und zum Rand hin weniger hart, um der Stauchung und der kürzeren
              Distanz Rechnung zu tragen. Ich denke, man kanns auch übertreiben.

              Kommentar

              • FedEx

                #8
                Original geschrieben von björn

                @pcpanther



                Es gibt einige Profi-Besaiter, die diesem Phänomen durch "proportional
                stringing" entgegenwirken. Will sagen: diese Leute besaiten in der Mitte
                härter und zum Rand hin weniger hart, um der Stauchung und der kürzeren
                Distanz Rechnung zu tragen. Ich denke, man kanns auch übertreiben.




                Habe mal was darüber gelesen (Racquet Tech Europe Magazin), dass eine
                Schweizer Firma (in Zug) eine Maschine entwickelt hat, welche diesem Phänomen
                rechnung trägt. IPDS by Exception oder so... Der persönliche Bespannbuddy
                von Boris Becker nutzte diese Bespannmaschine.

                Kommentar

                • Thomas

                  #9
                  @jens



                  Wie hoch würdest du den Spannungsverlust von innen nach außen beziffern
                  / schätzen.

                  Ich habe nur ein Stringmeter von Pacific, um die Saitenhärte zumindest
                  tendenziell zu überprüfen und dieses nur nach dem Bespannen.

                  Kopfgröße und Längssaitenanzahl (z.B. 16 oder 18) haben hier bestimmt
                  auch einen gewissen Einfluss.



                  Zwischenfrage:

                  Kann man den Stringmeter auch nutzen, um einen noch nicht fertig besaiteten
                  Schläger, in diesem Fall halt nur die Längsaiten zu messen. Oder ist nur
                  Ratsam mit dem Gerät nur einen fertigen Schläger zu messen. Einen Mini
                  STT oder ERT-700 kann ich mir zur Zeit leider nicht leisten und Gebrauchte
                  sind fast so teuer wie neue (Familie und so).



                  Noch einmal zu den Quersaiten.



                  Mir ist bei meiner ersten Besaitung gleich aufgefallen das an den Längssaiten,
                  nach dem einziehen der Quersaiten, eine deutliche oder vielleicht besser
                  gesagt eine Spürbare Verhärtung statt gefunden hat ( habe hier aber keine
                  Messung vorgenommen). Ich habe dem aber mit ca. 1 Kg mehr auf den Quersaiten
                  entgegengewirkt, werde dieses aber auch einmal mit 2 Kg testen und auch
                  einmal “messen“.



                  pcpanther

                  Kommentar

                  • Jens
                    Administrator
                    • 13.09.2001
                    • 6607

                    #10
                    @pcpanther

                    Das Stringmeter ist das perfekte Werkzeug, um Messungen an einzelnen Saiten
                    durchzuführen. Habe zwar keins, aber soweit ich weiß mißt das Stringmeter
                    sowieso nur die Spannung an einer einzelnen Saite, somit kannst Du optimal
                    die Spannung z.B. an einer Längssaite während des Bespannens verfolgen.

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                    • tamas

                      #11
                      @Jens



                      Hopplà, du hast mir die Erklärung geliefert...es ist mir aufgefallen

                      dass die Saiten nicht mehr so verrutschen wie früher als ich längs

                      härter als quer bespannt habe.



                      danke und gruss, tamas

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                      • tamas

                        #12
                        ich bin auch so ein tüftler, und es ist mega interessant was ich hier
                        gelesen haben. ich habe ein ETR 700 und ich werde mal ein

                        paar messungen durchführen. (bisher habe immer nur am schluss

                        gemessen). danke für die Anregung!

                        Kommentar

                        • Jens
                          Administrator
                          • 13.09.2001
                          • 6607

                          #13
                          @tamas

                          Mit dem ERT 700 kannst Du aber nicht während des Bespannens messen, falls
                          Du das meinst.

                          Kommentar

                          • tamas

                            #14
                            @Jens



                            warum nicht? wenn 4 längssaiten durch sind kann ich den

                            messteil schon anbringen. warum kann ich dann nicht messen?

                            Kommentar

                            • Jens
                              Administrator
                              • 13.09.2001
                              • 6607

                              #15
                              @tamas

                              Das ERT spuckt Dir nicht den physikalisch ermittelten Wert aus, sondern
                              einen aus der Flächenhärte berechneten "Quasi-Bespannungshärtewert". Ohne
                              Gewähr, aber probier's mal, ich würde einen stark von dem eingestellten
                              Besaitungsgewicht abweichenden Wert erwarten, wenn Du bei 4 Längssaiten
                              mißt.

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