Die richtige Atmung im Tennis
In unserer schnelllebigen und stressigen Gesellschaft bleibt oft nur wenig Zeit für die Entwicklung einer guten Atemtechnik. Die meisten Menschen atmen in kurzen, oberflächlichen Zügen anstatt die tiefere und langsamere Zwerchfellatmung zu nutzen, die für Entspannung und Kraft sorgt. Auf dem Tennisplatz gilt das genauso wie im richtigen Leben.
Die Entwicklung einer guten Atemtechnik ist ein essentieller Aspekt, um zu mentaler Stärke zu gelangen und den Zustand maximaler Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Unsere Atmung ist das Fenster zu unseren Emotionen. Wenn sich unsere Gefühlslage verändert, schwankt auch unser Atemrhythmus. Im Zustand der Entspannung atmen wir ruhiger und tiefer als im Zustand großer Nervosität. Daher gilt: Wenn wir lernen, unsere Atmung zu kontrollieren, können wir die Art und Weise beeinflussen, wie wir fühlen und arbeiten.
In engen Situationen ist es wichtig, entspannt zu bleiben, zuversichtlich zu sein und Spaß zu haben, damit unsere Performance von positiven Gefühlen angetrieben wird. Der Schlüssel zu emotionaler Kontrolle liegt in der Kontrolle der Atmung.
Die Atmung kontrollieren
Schauen wir uns also einmal an, wie wir unsere Atmung kontrollieren können – sowohl während der Ballwechsel als auch während der Seitenwechsel.
Die meisten Menschen halten unter Stress die Luft an. Viele Tennisspieler vergessen schlicht das Atmen, wenn der Ball im Spiel ist. Wir haben die Tendenz, unserem Körper den Sauerstoff in dem Moment vorzuenthalten, in dem er ihn am dringendsten benötigt, um leistungsfähig zu sein.
Das hat fatale Folgen. Es führt zu Muskelverspannung, unsteten Schwüngen und schlechter Beinarbeit. Die Entwicklung der richtigen Atmung ist daher essentiell, um Harmonie und Konstanz im Spiel zu erreichen.
Beobachtet einmal, wie ihr atmet, wenn ihr den Ball trefft. Euer Ziel sollte es sein, die Atmung mit den Schlägen perfekt zu synchronisieren. Im Treffpunkt solltet ihr durch den Mund ausatmen. Der Luftfluss sollte aggressiv und lang sein. Es fühlt sich an, als ob ihr den Ball mit dem Atem attackiert.
Solltet ihr die Tendenz zum Luftanhalten haben, kann es unter Umständen mehrere Wochen dauern, bis ihr eure Atmung synchronisiert habt. Aber die Mühe lohnt. Ihr werdet die Bälle deutlich entspannter schlagen, weil die Muskeln automatisch lockerer sind, wenn wir ausatmen.
Stöhnen kann kontraproduktiv sein
Das Ausatmen im Treffpunkt ist nicht notwendigerweise mit Stöhnen gleichzusetzen. Viele Wettkampfspieler neigen zum Stöhnen im Treffpunkt. Das Grunzen ist eigentlich unnötig und kann unter Umständen sogar den Atem einschränken. Grunzende Spieler geben oftmals einen kurzen, sehr hohen Ton von sich, der ein verkürztes anstatt ein ausgedehntes Ausatmen fördert.
Wenn ihr zum Stöhnen neigt, solltet ihr besonders auf eure Atmung achten. Stellt sicher, dass ihr kräftig und vollständig ausatmet.
Musik verbessert den Rhythmus
Die Nutzung von Musik kann bei der Atemkontrolle ebenfalls von Vorteil sein. Viele Profis glauben, dass Musik für den Rhythmus im Tennis nützlich ist. Wenn es euch bei der Synchronisation eures Atems hilft, zu einem Liedchen zu trällern oder zu summen, nur zu. Vielleicht entdeckt ein Musikmanager auf dem Nachbarplatz dabei sogar euer verborgenes Talent und ihr werdet über Nacht berühmt. Mit dem Tennisspielen wäre es dann aber erst mal vorbei.
Musik ist besonders hilfreich für Spieler, die zu selbstkritisch oder zu analytisch sind. Sie kann ihnen helfen, die Aktivität ihres Gehirns von der linken Hälfte, die für das Logische und die Abläufe zuständig ist, zur rechten Hälfte, die für die Spontaneität zuständig ist, zu verlagern. Kein Athlet kann sein volles Potenzial ausschöpfen, ohne beide Gehirnhälften zu nutzen.
Pausen richtig nutzen
Das richtige Atmen zwischen den Punkten ist genauso wichtig wie das richtige Atmen während des Ballwechsels. Eine tiefe Atmung ist wichtig, um sich zu entspannen und von den Anstrengungen des vorangegangenen Punkts zu erholen.
Konzentriert euch auf euren Atem, wenn ihr nach dem Punkt zur Bande lauft. Atmet vollständig, lang und gleichmäßig. Je schwieriger und wichtiger der nächste Punkt, umso nervöser werdet ihr vermutlich sein und umso voller und kräftiger sollte euer Atem sein.
Atmet in den Bauch, nicht in den Brustkorb. Die Bauchdecke muss sich nach außen wölben, wenn ihr einatmet und wieder zurückgehen, wenn ihr ausatmet. Falls ihr diese Art der Atmung nicht gewohnt seit, solltet ihr sie zunächst zu Hause üben, bis sie selbstverständlich für euch wird. Legt euch zu diesem Zweck ein schweres Buch auf den Bauch und bewegt es durch eure Atmung nach oben und unten.
Denkt daran: Ihr habt 20 Sekunden Zeit zwischen den Ballwechseln. Nutzt sie vollständig aus. Auf Amateurlevel wird meistens viel zu hastig gespielt. Atmet noch einmal tief ein und aus, ehe ihr mit eurer Aufschlagroutine beginnt.
Auch während der Seitenwechsel spielt die Atmung eine wichtige Rolle. Es ist keine Schwäche, sich die vollen 90 Sekunden Auszeit zu nehmen. Ihr habt ein Recht darauf, auch wenn der Gegner drängelt. Macht es euch zur Gewohnheit, die volle Zeit zur Erholung und Stärkung eurer mentalen Fähigkeiten zu nutzen. Setzt euch hin. Trinkt Wasser. Und konzentriert euch auf eure Atmung.
Einige Atemübungen
Zum Abschluss habe ich noch ein paar Übungen, die euch - bei regelmäßiger Anwendung - helfen können, eure Atmung bewusster wahrzunehmen und eure Nervosität zu kanalisieren. Einige könnt ihr direkt auf dem Platz machen, andere eignen sich eher für zu Hause. Nehmt euch ausreichend Zeit dafür und achtet bei allen Übungen darauf, die Zwerchfellatmung anzuwenden. Wenn sich euer Bauch- und Taillenumfang während des Einatmens weitet und während des Ausatmens wieder in die normale Stellung zurückgeht, macht ihr es richtig.
1. Eine gute Atemübung zur Entspannung geht folgendermaßen: Atmet durch die Nase ein und zählt dabei bis vier. Danach haltet ihr den Atem für zwei Sekunden. Schließlich atmet ihr durch den Mund aus und zählt dabei bis acht. Am besten macht ihr diese Übung immer in den ersten 30 Sekunden während der Seitenwechsel. Sie kann euch auch dabei helfen, eure Nervosität vor einem Match in den Griff zu bekommen.
2. Stellt euch gerade hin, Beine schulterbreit auseinander, Knie leicht gebeugt. Reckt die Arme beim Einatmen nach vorne und dann nach oben. Haltet die Spannung für einen kurzen Moment aufrecht und führt die Arme beim Ausatmen wieder langsam nach unten. Achtet auf ein gleichmäßiges, langes Ausatmen durch den Mund.
3. Gleiche Ausgangsstellung wie in der Übung zuvor. Lasst eure Schultern von vorne nach hinten kreisen. Atmet während der Aufwärtsbewegung ein und während der Abwärtsbewegung aus. Der Umfang der Schulterbewegung ist sekundär, achtet vielmehr auf einen gleichmäßigen Rhythmus.
4. Stellt euch vor, ihr hättet in der linken Hand einen Bogen und in der rechten einen Pfeil. Der linke Arm ist ausgestreckt, um den Bogen zu halten. Mit der rechten Hand spannt ihr den Bogen. Atmet beim Spannen des Bogens tief in den Bauch ein. Haltet die Luft für 2 Sekunden. Anschließend atmet ihr kräftig aus und entspannt die Glieder.
5. Verschränkt die Hände hinter dem Kopf und führt die Ellenbogen zurück. Dreht den Oberkörper nach rechts und atmet dabei tief ein. Haltet die Luft für einen kurzen Moment. Lasst euren Oberkörper anschließend nach vorne fallen und atmet dabei kräftig aus. Richtet euch ganz langsam Wirbel für Wirbel wieder auf. Wiederholt das ganze noch einmal mit der Linksdrehung.
6. Diese Übung könnt ihr auf dem Weg zur anderen Platzhälfte machen: Während der ersten 3 Schritte atmet ihr tief in den Bauch ein. Anschließend atmet ihr 15 Schritte lang durch den Mund aus. Kontrolliert euren Atmen, sodass das letzte bisschen Luft erst mit dem fünfzehnten Schritt entweicht. Das sollte eure Nervosität vor einem wichtigen Spiel deutlich mindern.
Die richtige Atmung ist ein wichtiger Schlüssel auf dem Weg zu körperlicher Entspannung und mentaler Stärke. Wer seine Atmung kontrollieren kann, hat ein mächtiges Hilfsmittel zur Verfügung, um unter Druck den Zustand maximaler Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Übt die hier vorgestellten Techniken und beobachtet, wie sie euer Leben und euer Tennisspiel bereichern können. Viel Erfolg!
Spindoc
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