... und was wir dagegen tun können
Unter Tennisspielern aller Alters- und Spielklassen gibt es ein weit verbreitetes Phänomen: Täglich werden Matches verloren, weil der / die Spieler/in im entscheidenden Moment den Sack nicht zumachen konnte.
Jeder von uns kennt es – man führt 5-2 und gibt den Satz letztlich dennoch aus der Hand. Diese Niederlagen schmerzen. Im Nachhinein schütteln wir den Kopf über unser Unvermögen, wir spielen die entscheidenden Punkte wieder und wieder vor unserem geistigen Auge durch und mutmaßen, was passiert wäre, wenn wir hier und da einen Tick aggressiver gespielt hätten.
Wir sind unzufrieden mit uns, weil die Niederlage vermeidbar gewesen ist. Wir hatten die Mittel, um diesen Gegner zu schlagen, sind aber kurz vorm Ziel mental eingesackt. Dieses Bewusstsein macht uns noch Tage danach zu schaffen. Wir können akzeptieren, wenn uns der Gegenüber ausspielt oder in wichtigen Momenten das bessere Tennis spielt. Aber wenn wir das Match selbst wegschenken? Nein, das können wir uns nicht verzeihen. Da sind wir hart.
Was passiert eigentlich, wenn ein Spieler in einem Match führt und es am Ende dennoch verliert? Darum soll es in diesem Thread gehen. Eine allgemeine Antwort ist sicher schwierig, weil jeder Spieler verschieden ist. Allerdings gibt es eine Reihe von Ursachen, die auf die meisten von uns zutreffen:
1. Die Führung verwalten
Wer seine Führung nur verwalten will, spielt mit angezogener Handbremse. Er wird vorsichtig und hofft, dass sein Gegner ihm die Punkte "schenkt". Sein Fokus liegt darauf, das Match "nicht zu verlieren". Mit anderen Worten: Er scheut selbst die Initiative und wartet nur noch auf die Fehler seines Gegners. Das ist der sichere Weg in den Abgrund. Selbst wenn man mit solch einer Strategie gerade eben noch gewinnt, fühlt man sich hinterher schlecht. Das Selbstvertrauen leidet und – was noch schlimmer ist – es besteht die Gefahr, dass man beim nächsten Mal wieder in diese schlechte Gewohnheit zurückfällt.
2. Das Ergebnis vorwegnehmen
Die ultimative Herausforderung für Tennisspieler ist es, sich auf den Prozess und nicht auf das Ergebnis zu konzentrieren. Allerdings: Viele Spieler sind gedanklich nicht in der Gegenwart. Sobald sie erkennen, dass der Sieg in Reichweite ist, malen sie sich das Ergebnis aus und werden bei dem Gedanken daran abgelenkt. Sie verlieren die Konzentration, rücken von ihrer Strategie ab und treffen falsche Entscheidungen. Der Gedanke an den Sieg vereinnahmt sie und lässt sie verkrampfen. Beim Versuch, ihre Führung über die Runden zu retten, werden sie nervös und beginnen damit, ihr Spiel zu analysieren. Letzteres hat wiederum einen negativen Einfluss auf ihre Schlagwahl und –durchführung.
3. Die Spannung verlieren
Manche Spieler – wenn auch weniger oft vorzufinden – sind zu entspannt. Sie denken, sie hätten alles unter Kontrolle und könnten es sich leisten, für einen kurzen Moment einen Gang runterzuschalten. Das ist oftmals fatal. Ein oder zwei Spielverluste können sich später als verheerend erweisen. Beim Versuch, ihre verloren gegangene Konzentration mit aller Gewalt wiederzufinden, verkrampfen diese Spieler. Sie denken zu viel nach und müssen feststellen, dass sich das Blatt nun gewendet hat.
Zu große Gelassenheit ist ein Anzeichen für das selbe Problem wie im vorangegangenen Punkt: dem Denken in Ergebnissen. Die Gedanken driften zum Spielstand ab und wir meinen, wir könnten uns eine "Auszeit" leisten. Gelassenheit fühlt sich zwar besser an als Nervosität, kann uns aber genauso teuer zu stehen kommen. Sobald wir ein paar Spiele verloren haben, ist die Nervosität ohnehin wieder da. In den meisten Fällen haben wir dann aber nicht nur selbst den Faden verloren, sondern gleichzeitig auch noch unseren Gegner aufgebaut.
4. Der kritischen Stimme gehorchen
Wir alle haben eine kritische Stimme, die unsere Handlungen beurteilt. Immer wenn wir kurz davor sind, etwas Gutes zu erreichen, meldet sie sich zu Wort und nährt unsere Selbstzweifel. Die kritische Stimme ist der kleine Teufel, der auf unserer Schulter sitzt und uns negative Sachen ins Ohr flüstert: "Dieses Spiel verlierst du besser nicht. Du weißt, du hast schon einmal versagt. Du wirst es wieder tun." Wer seiner kritischen Stimme Gehöhr verschafft, hat die mentale Kontrolle verloren. Von hier an geht es nur noch bergab. Daher müssen wir verhindern, dass sich kritische Gedanken in unseren Kopf einnisten. Sagt euch zum Beispiel: "Ich bin zäher als mein Gegner. Ich werde kämpfen, bis es vorbei ist. Ich habe volles Vertrauen in meine Fähigkeiten.“
Wie behalte ich die mentale Kontrolle?
1. Bleib bei deinem Spielplan! Ändere ihn nicht, nur weil du führst. Beende das Match mit den Schlägen bzw. der Strategie, die dich überhaupt erst in diese Position gebracht hat.
2. Denke positiv! Überleg dir ein paar motivierende Gedanken und wiederhole sie immer dann, wenn du sie brauchst: "Ich bin entspannt und habe Spaß", "Ich kann alles erreichen, was ich mir vornehme", "Ich liebe die Herausforderung".
3. Lächle kritische Gedanken weg! Lass deine innere Stimme nicht die Oberhand gewinnen. Lächle stattdessen, wenn sich Selbstzweifel breit machen wollen. Du genießt diesen Moment und lässt dir das Heft nicht einfach aus der Hand nehmen.
4. Lass deinen Blick nicht abwandern! Fokussiere dich stattdessen auf deine Saiten, den Boden oder – noch besser – visualisiere deinen nächsten Aufschlag. Schau nicht planlos in der Gegend herum.
5. Atme tief und rhythmisch! Dadurch bleibst du körperlich entspannt. Mache Atemübungen* zu deiner Routine. Speziell unter Stress neigen viele Spieler dazu, ihre Atmung zu beschränken. Vermeide dies unbedingt!
Fazit
Letztlich unterscheidet sich das Aufschlagspiel bei 5-2 durch nichts von all den anderen Spielen. Genau wie bei jedem anderen Punkt im Match benötigst du ein Maximum an Konzentration, Intensität und Wachsamkeit. Bleib entspannt, orientiere dich an deinem Spielplan, spiele jeden Punkt wie den letzten und genieße die Herausforderung. Zerstöre negative Gedanken mit einem Lächeln, dann bist du auf dem besten Weg, deine Nerven unter Kontrolle zu bringen.
Spindoc
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* vgl. auch: Die richtige Atmung im Tennis
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