Pancho Gonzales: Taktische Überlegungen

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    • 08.07.2010
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    Tutorial Pancho Gonzales: Taktische Überlegungen

    Pancho Gonzales: Taktische Überlegungen



    Strategie im Einzel | Bis heute gilt Pancho Gonzales als einer der besten Tennisspieler aller Zeiten. In den fünfziger Jahren dominierte der Sohn mexikanischer USA-Einwanderer den Profizirkus nach Belieben. Dabei brachte er sich das Spiel weitestgehend selbst bei. In seinem Buch Tennis (1962) beschreibt er die zeitlosen Strategien, die ihm einen Platz in der Tennis Hall of Fame einbrachten. Ein Auszug.


    Von Pancho Gonzales

    Zu viele Spieler auf allen Spielniveaus haben einen unrealistischen Blick auf ihr eigenes Spiel. Ehe Sie sich daran machen, einen taktischen Plan in Bezug auf Ihren Gegner auszuarbeiten, sollten Sie zunächst Ihr eigenes Spiel analysieren, um Schwächen zu kaschieren bzw. zu korrigieren, und Ihre ganzen Stärken zur Geltung zu bringen.


    Aufschlag

    Ihr Aufschlag entscheidet gewöhnlich darüber, ob Sie das Match gewinnen oder verlieren. Vielleicht schlagen Sie Ihren ersten Aufschlag stets zu hart, vielleicht versuchen Sie aber auch, den Ball lediglich ins Spiel zu bringen. In beiden Fällen handelt es sich um einen verheerenden Fehler. Reduzieren Sie die Geschwindigkeit, wenn Ihr erstes Service nicht zu mindestens siebzig Prozent im Feld landet. Drei oder vier Asse pro Satz sind nicht genug, um einen unbeständigen ersten Aufschlag aufzuwiegen. Auch ein druckloser oder "geschubster" Aufschlag stellt den Gegner vor keine Probleme. Probieren Sie bewusst, den Ball mit mehr Pep zu spielen. Bringen Sie Handgelenk, Schulter und das ganze Körpergewicht jedes Mal in den Aufschlag ein.



    Pancho Gonzales, in der oberen Platzhälfte, besaß einen
    druckvollen Aufschlag und eine katzengleiche Beinarbeit.


    Return

    Der Return ist der zweitwichtigste Schlag im Tennis. Wenn Sie die Aufschläge Ihres Gegners nicht oder nur schwach zurückspielen können, verlieren Sie jedes andere Spiel. Ist sein Aufschlag hart, sollten Sie versuchen, frühzeitig bereit zu sein. Schauen Sie, wie der Ball seinen Schläger verlässt. Warten Sie mit Ihrer Reaktion nicht, bis der Ball das Netz passiert. Bereitet Ihnen sein Spin-Aufschlag Probleme, können Sie versuchen, ein bis drei Fußlängen weiter vorne zu stehen. Je früher Sie den Ball nach dem Aufsprung spielen, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Spin entwickelt.

    Vielleicht verschlagen Sie Ihre Returns. Hierzu sei gesagt: Es ist nicht nötig, die Netzkante zu streifen, wenn Ihr Gegner hinten bleibt. Kommt er nach vorne, spielen Sie einige hohe Lobs über seine Rückhandseite. Das wird ihn daran hindern, zu nah aufzurücken, sodass Ihre Passierbälle anschließend wirkungsvoller werden.


    Rallyschläge

    Nahezu jeder Spieler ist auf einer Seite stärker als auf der anderen. Falls Ihre Schwäche die Rückhand ist, sollten Sie links der Mittellinie (gemeint ist die Winkelhalbierende, Anm. Spindoc) spielen. Wie weit links Sie stehen, hängt einmal davon ab, wie gut Sie den Platz abdecken, und zweitens, mit welchem Tempo Ihr Gegner schlägt. Seien Sie aggressiv mit Ihrer starken Seite, aber unterliegen Sie nie der Versuchung, mit Ihrer schwachen Seite zu viel ausrichten zu wollen.

    Ein intelligenter Gegner wird versuchen, Sie auf Ihre schlechte Seite zu zwingen. Die korrekte Antwort darauf hängt von seiner Position auf dem Platz ab. Bleibt er hinten, spielen Sie Ihren Return lang auf seine Schwäche; kommt er ans Netz, sollten Sie nicht verlegen sein, den Lob genauso häufig einzusetzen wie den Drive; und ist sein Schlag nicht besonders gut, umlaufen Sie ihn und setzen Ihre stärkere Seite ein.

    Vermeiden Sie es, im Match einen Schlag zu trainieren, den Sie unzulänglich beherrschen. Im Wettkampf gilt es, von Ihrem gegenwärtigen Schlagrepertoire so gut als möglich Gebrauch zu machen. Trainingsstunden sind die beste Zeit, um Schläge zu üben, im Match jedoch müssen Sie das, was Sie haben, zum größtmöglichen Vorteil nutzen.


    Volleys & Überkopfbälle

    Die Platzierung von Überkopfbällen und Volleys ist weitaus wichtiger als die Geschwindigkeit. Sie können leicht feststellen, wenn Sie zu wild schlagen; Sie machen zu viele Fehler. Verkürzen Sie Ihren Schwung, um rabiate Hiebe gegen den Ball zu vermeiden und Ihre Schläge umsichtiger zu spielen. Manchmal schlagen Sie dabei vielleicht zu drucklos. Falls Ihr Gegner außer Position ist und dennoch an Ihren Überkopfball oder Volley herankommt, "schubsen" Sie den Ball nur, anstatt ihn zu schlagen. Machen Sie keinen längeren Schwung, sondern nutzen Sie Ihr Körpergewicht, um dem Ball zusätzliches Tempo mitzugeben.



    "Als ob man in den Flammenkegel eines Feuers
    schaut": Was (ehemalige) Profis über Pancho sagen.



    Verbreitete taktische Fehler


    Cross-court nach Winkel

    Spielt Ihr Gegner einen kurzen, winkligen Ball auf Ihre Vorhand, sollten Sie ihn nie cross-court zurückspielen. Sie haben die ganze Rückhandseite offen zurückgelassen. Sie müssen ihn entweder die Linie entlang spielen bzw. ans Netz kommen, nachdem Sie ihn rechts der Mittellinie platziert haben, oder Sie spielen einen langen Ball mittig an die gegnerische Grundlinie, um sich genügend Zeit zu geben, Ihre Position wiederzuerlangen.


    Gegenstopp nach Stoppball

    Hat Ihr Gegner einen Stoppball gespielt und befindet sich auf Höhe der Aufschlaglinie, sollten Sie nie mit einem Gegenstopp antworten. Er ist so weit im Feld, dass er obenauf sein wird. Sofern Sie über keinen perfekt getarnten und butterweich gespielten Stoppball verfügen, sollten Sie darauf verzichten, ausgenommen Sie befinden sich innerhalb der Aufschlaglinie und Ihr Gegner an der Grundlinie.


    Keine Variation in Spin und Härte

    Spielen Sie nicht alle Bälle auf die gleiche Weise. Wenn Sie sich auf Unterschnitt auf der Rückhand und Topspin auf der Vorhand verstehen, sollten Sie Ihre normalen Treibschläge damit mischen. Gleichwohl sollten Sie nie zu Spin greifen, wenn dieser Ihren Ball zu kurz werden lässt. Schlagen Sie gelegentlich einen Ball härter als gewöhnlich bzw. höher oder weicher (solange er lang ist) als Sie es normalerweise tun. Lassen Sie Ihren Gegner im Unklaren, aber greifen Sie nie zu Schlägen, die Sie nicht in Ihrem Repertoire haben.


    Vorhersehbar spielen

    Schlagen Sie nicht jeden Ball auf die Schwäche Ihres Gegners. Wenn sich Ihnen eine Eröffnung bietet, sollten Sie einen Winkel auf seine Stärke spielen. Spielt Ihr Gegner einen Winkel auf Ihre Stärke, sollten Sie Abstand nehmen von einem Brachialschlag. Ein Lob ist sicherer und gestattet mehr Zeit zur Platzabdeckung.

    Spielen Sie nicht jeden Ball in die offensichtliche Lücke. Gelegentlich sollten Sie den Ball dorthin spielen, von wo Ihr Gegner herkommt. Erwischen Sie ihn auf dem falschen Fuß, weil er sich in die entgegengesetzte Richtung bewegt, wird er nicht mehr an den Ball kommen, selbst wenn er nur zwei Fuß von ihm entfernt ist.


    Gehetzt spielen

    Zwingen Sie sich nie zur Eile oder lassen sich von Ihrem Gegner dazu zwingen. Der Spieler, der zurückliegt, hetzt sich allzu oft selbst beim Aufschlag. Schlägt Ihr Gegner auf, noch ehe Sie bereit sind, heben Sie Ihre Hand und bitten Ihn, den Ball erneut zu spielen (wiewohl Sie ihn dies nicht fragen dürfen, wenn Sie den Ball returniert haben). Um sich bei eigenem Aufschlag vor Eile zu bewahren, sollten Sie den Ball einmal auftippen, nachdem Sie Ihre Aufschlagposition eingenommen haben. Aufzuschlagen, bevor sie bereit dazu sind, ist der schnellste Weg, den Punkt zu verlieren.


    Erfolgreiche Strategien aufgeben

    Falls Sie erfolgreich von der Grundlinie spielen, sollten Sie nicht damit beginnen, ans Netz zu kommen. Falls Sie jedem Aufschlag erfolgreich ans Netz folgen, sollten Sie nicht plötzlich hinten bleiben. Mit anderen Worten: Ändern Sie nie eine erfolgreiche Spielweise, nur um zu demonstrieren, welch ein ausgewogener Spieler Sie sind. Umgekehrt: Wenn Sie auf der Verliererstraße sind, sollten Sie Veränderungen in Ihrer Strategie wagen, gleichwohl aber nie zu einem Spiel umschwenken, von dem Sie nicht wissen, wie man es spielt. Falls Sie im Grunde ein Grundlinien-Spieler sind, sollten Sie nicht zum Netzstürmer werden, nachdem Sie einen Satz verloren haben. Probieren Sie Veränderungen im Tempo: mehr Lobs, weichere Schläge, oder wechseln Sie auf die Vorhandseite Ihres Gegners, anstatt seine Rückhand anzuspielen.


    Umstände ignorieren

    Variieren Sie Ihr Spiel den Bedingungen entsprechend. Verkürzen Sie Ihre Schläge auf schnellen Plätzen, seien Sie konstanter auf langsamen Belägen; schlagen Sie härter, wenn Sie gegen den Wind spielen und nehmen Sie Tempo raus, wenn der Wind mit Ihnen ist.

    Passen Sie Ihr Spiel dem Spielstand an. Hat Ihr Gegner 40-0 bei eigenem Aufschlag, probieren Sie Ihren Vorhand-„Winner“. Liegen Sie 30-40 bei eigenem Aufschlag zurück, stellen Sie sicher, dass Ihr erstes Service reingeht. Das ist ein zentraler Punkt, der den Unterschied ausmachen kann zwischen Gewinn oder Verlust des Satzes. Es ist daher nicht die Zeit, einen schwierigen Schlag zu probieren.


    * im Original: hier.
    ** mehr über Pancho Gonzales: hier.
    Zuletzt geändert von Spindoctor; 17.05.2013, 22:59.
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