Kohlschreiber Interview: "Mein Mund muss öfter zu bleiben"

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    Veteran
    • 17.02.2007
    • 1294

    Kohlschreiber Interview: "Mein Mund muss öfter zu bleiben"

    Paris (dpa) - Es war nicht leicht für Philipp Kohlschreiber, in dieser Situation die richtigen Worte zu finden. Auch der laut Weltrangliste beste deutsche Tennisprofi hatte es nicht vermocht, die besiegelte desaströse deutsche French-Open-Bilanz aufzuhellen.

    Gegen den Schweizer Stanislas Wawrinka glatt in drei Sätzen verloren, saß der 24-Jährige in dem engen Interviewraum Nummer drei. Enttäuscht, konsterniert und zweifelnd stand er Rede und Antwort - und war meilenweit von dem selbstbewussten Profi entfernt, der vor einem Jahr in München seinen ersten von inzwischen zwei Titeln auf der ATP-Tour gefeiert und bei den Australian Open im Januar US-Topstar Andy Roddick mit 32 Assen vom Platz gefegt hatte.

    Nach dem Ausscheiden von Benjamin Becker und Daniel Brands steht erstmals seit 27 Jahren kein deutscher Spieler in der zweiten Runde der French Open. Bei den Damen ruhen die letzten deutschen Hoffnungen allein auf der Berlinerin Sabine Lisicki.

    "Alles, was ich mir am Jahresanfang aufgebaut habe, ist weg", sagte Kohlschreiber nach dem 3:6, 4:6, 3:6 gegen die Nummer zehn der Tennis-Welt. Der Davis-Cup-Profi wird im ATP-Computer noch auf Platz 36 geführt, nach der Erstrunden-Pleite aber weiter abrutschen.

    Seinen Traum von Olympia in Peking muss er wohl begraben. Die Norm des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat er nicht erfüllt. Nur eine Hintertür bleibt noch offen: Sollte Kohlschreiber in Wimbledon "zeigen, dass er nach vorne kommen kann", wie DTB-Chef Georg von Waldenfels formulierte, könnte der Deutsche Tennis Bund (DTB) beim DOSB eine Ausnahmeregelung beantragen. "Momentan sieht der DTB aber keinen Grund, von der DOSB- Norm abzurücken", sagte von Waldenfels der Deutschen Presse-Agentur dpa.

    Das heißt: Nicolas Kiefer ist der einzige deutsche Olympia-Starter - ein Doppel wird es nicht geben.

    "Wenn wir kein Doppel stellen können, dann ist das halt so", erklärte von Waldenfels. Kohlschreiber selber wollte sich sportlich qualifizieren und strebt eine Härtefallregelung gar nicht an. "Ich habe es in der Hand gehabt und die Chance nicht genutzt. Die harte Wahrheit ist: Wenn der Erfolg fehlt, ist auch das Selbstvertrauen weg", sagte er in Paris.

    Solche Worte hat man selten gehört von Kohlschreiber. Nach München 2007 feierte er Anfang dieses Jahres in Auckland seinen zweiten Titel, diesmal auf Hartplatz. Im Davis Cup sorgte der neue "Leitwolf" im Februar mit drei Siegen quasi im Alleingang für den Erfolg über Südkorea. Der Bayern-München-Anhänger wurde zum Hoffnungsträger für das deutsche Tennis erkoren - und füllte diese Rolle auch gerne aus. Kohlschreiber formulierte deutlich seine Ansprüche ("Ich will die deutsche Nummer eins werden, solange Thomas Haas und Nicolas Kiefer noch spielen"), handelte nach Leistung gestaffelte Prämien im Davis Cup aus - und eckte mit seiner Art an.

    "Ich bin ein Typ, der sich nicht versteckt und damit auch Gegenwind auslöst. Auf gut Deutsch bin ich auf die Schnauze gefallen", räumte Kohlschreiber in Paris ein. "Aber ich bin jemand, der auf die Herdplatte fassen und sich verbrennen muss, um daraus zu lernen." Was genau er damit meine, wurde er gefragt. "Ich habe mich in zu viele Sachen eingemischt, viel zu viel geredet und mich zu wenig auf den Sport konzentriert. Mein Mund muss öfter zu bleiben."

    Bei der Viertelfinal-Niederlage im Davis Cup gegen Spanien im April tauchten dubiose Geschichten über einen Maulwurf im deutschen Team auf, ein nächtlicher Besuch Kohlschreibers im Krankenhaus wurde gegen dessen Willen öffentlich gemacht, obwohl es nur um eine Routine-Untersuchung ging, beim World Team Cup in Düsseldorf vor einer Woche wurden falsche Zahlen über eine Antrittsprämie kolportiert. Alles Dinge, die nicht spurlos an dem 24-Jährigen vorbei gingen und gehen. Dazu kamen gesundheitliche Probleme und eine Virus- Erkrankung, die ihn zur Absage des Turniers in München zwangen.

    "Wir haben nun mal keine Boris-Becker-Zeiten mehr", sagte Kohlschreiber, ehe er sich aus der französischen Hauptstadt verabschiedete - um eine Pause einzulegen und Kraft zu tanken für die Rasenturniere im westfälischen Halle und in Wimbledon.



    Meiner Meinung nach hat er genau richtig auf die Themen der letzten Monate reagiert.

    Was unser DTB_Präsident da aber wieder macht, ist mir unerklärlich. Er hat es anscheinend in der Hand Kohli doch noch zu nominieren und will das nicht tun! Ohne Worte.
    Nichts gegen Kiefer, aber wenn momentan ein Deutscher im Einzel was reisen kann, dann doch wohl unsere Nummer 1. Auch wenn er aktuell in nem kleinen Tief steckt, bis Peking vergehen ja noch einige Wochen, man kann doch Erfolg im Tennis nicht vorraussagen.
    Head Liquidmetal Radical MP, MSV Focus 1.18, 25/24kg

    Favourite Players: Federer, Agassi, Safin, Roddick, (Haas), Kohlschreiber, Henman, Hewitt
  • moya fan
    Moderator
    • 15.04.2004
    • 14251

    #2
    Seh ich anders. Kohlschreiber selber hat ja in dem Interview verlauten lassen, daß er keine Ausnahmeregelung will, sondern sich sportlich qualifizieren möchte. Außerdem ist er jetzt lange Zeit seinen eigenen Ansprüchen hinterhergelaufen. Ich kann die Nichtnominierung durchaus nachvollziehen. Ob seine Chancen darüber hinaus so groß sind, sei auch mal dahingestellt. In der derzeitigen Verfassung ganz sicher nicht. Wäre schön, wenn er sich in Zukunft immer an seine eigenen Worte aus diesem Interview erinnert.
    Faves Players:Pouille, Simon,Verdasco,Murray,Ferrer,Nishikori,Zverev,Fognini.
    Wenn du dir ein Ziel gesteckt hast, verfolge es mit aller Konsequenz und Beharrlichkeit und lasse dich nicht von eventuellen Rückschritten irritieren.

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    • DralliaufsBalli

      #3
      also ich finde zumindestens ein doppel sollten wir schon stellen bei olympia

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      • samir
        Insider
        • 20.04.2007
        • 324

        #4
        wenn er schon selber sagt sportliche Qualifikation, na dann hast er es nicht geschafft...
        Respekt Herr v.Waldenfels
        "Beinarbeit is was für Leute, die mit dem Schläger nich umgehn können!"

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        • Benedikt

          #5
          hat er noch ne Chance sich zu qualifizieren? Oder war es das jetzt ?

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          • MagicMat

            #6
            Na ja, andere Länder schicken Sportler auf Kreisniveau (in anderen Diziplinen) zu Olympia und ein Top50 Spieler wird nicht entsendet? Verstehe ich das richtig, Deutschland legt sich selber Kriterien auf und entsendetet ggf. gar keinen Spieler?

            Kommentar

            • moya fan
              Moderator
              • 15.04.2004
              • 14251

              #7
              In den anderen Disziplinen gibt es ja auch Kriterien, die es zu erfüllen gilt. Wenn ein 100 Meter Läufer 10.35 Sekunden über diese Strecke benötigt, ist er eben genausowenig dabei, wie ein Diskuswerfer, der 60 Meter weit wirft, oder ein Stabhochspringer, der 5.60 Meter hoch springt. Das ist nunmal so. Andere Länder haben gar keine, oder stark abgemilderte Kriterien. Da zählt eben noch der alte Olympische Spruch.
              Faves Players:Pouille, Simon,Verdasco,Murray,Ferrer,Nishikori,Zverev,Fognini.
              Wenn du dir ein Ziel gesteckt hast, verfolge es mit aller Konsequenz und Beharrlichkeit und lasse dich nicht von eventuellen Rückschritten irritieren.

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              • Champcoach
                Veteran
                • 01.09.2006
                • 1225

                #8
                Darüber hinaus und allgemeiner gefragt:
                Wieso haben wir denn keine noch besseren Spieler (erst recht Spielerinnen!), welche diese Kriterien erfüllen können? Wohlgemerkt, ich gehöre nicht zu denen, die einen "Kohli", "Kiwi", "Thommy" usw. wieder zu "Kohlschreiber", "Kiefer", "Haas" usw. machen, nur weil sie öfter verloren haben. Die Jungs spielen alle ein geradezu unglaublich gutes Tennis, das meinen allergrößten Respekt hat.
                Trotzdem fällt auf, dass die Deutschen in der absoluten Weltspitze auffallend schlecht vertreten sind, obwohl wir mit 1,6 Millionen die meisten Tennisspieler weltweit haben. Der DTB und seine Landesverbände (Ausnahmen gibt es, z.B. Bayern) scheinen mir auf allen Ebenen durch eine geradezu verblüffende Ineffizienz aufzufallen. Das nur am DTB- Präsidenten festzumachen, wäre viel zu kurz gegriffen. Das geht doch z.B. auf den Landesebenen weiter (Verbandskader, Bezirkskader).
                Alles nur auf die "verwöhnten" Jugendlichen zu schieben, wie ständig von interessierten Kreisen aus durchsichtigen Gründen behauptet wird - dann wäre man ja selbst mit seiner Förderung fein heraus -, ist zu billig; diese Tatsache finden wir in mehreren, vor allem westlichen Ländern (und nicht nur dort).
                Dass dies von unseren Massenmedien noch nicht als Riesenskandal aufgearbeitet wird, bei dem Riesensummen geradezu verschleudert werden, verstehe ich nicht ganz. Es wäre höchste Zeit!
                Zuletzt geändert von Champcoach; 29.05.2008, 15:31.

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