Breitensport vs. Kommerz im Verein

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  • Mindman
    Neuer Benutzer
    • 28.09.2020
    • 3

    Breitensport vs. Kommerz im Verein

    Ich ärgere mich zunehmend über die Ignoranz von Verbänden und Vereins-Vorständen gegenüber Mitgliedern, die nur einen begrenzten sportlichen Anspruch haben.
    Ich halte das Thema allerdings für mitunter überlebenswichtig für Vereine.

    Konkret:
    Ich bin Mitglied in einem Verein mit rund 500 Mitgliedern in einer Rhein-Ruhr-Metropole.
    Der Verein hat eine gute soziale Mischung und eine sehr gute Infrastruktur.

    Das Trainer-Team (teils sehr prominente Ex-Profis) sowie der Cheftrainer sind eher gelangweilt und sehen das Training wohl als eine Möglichkeit, mit wenig Aufwand viel Geld zu verdienen.
    Selbst das einzige Talent (u. a. Bezirksmeister) wird weitgehend ignoriert und nicht abgeholt.
    Eine Identifikation mit dem Verein kann ich nicht erkennen.

    Die Tennisschule erhält pro Stunde durchschnittlich 50 ,- € und ist täglich mit 2 - 3 Trainern voll ausgelastet im Sommer wie Winter.
    Möglich ist das auch deswegen, weil viele Eltern ihre Kinder einfach abladen und von Tennis keine Ahnung haben.
    Dadurch merken die gar nicht, dass die Kinder keinerlei Fortschritte machen.
    Der Vorstand hat der Tennisschule auch das Monopol auf der Anlage zugestanden.

    Hier liegt m. E. auch das große Problem, nämlich die fehlende Vielfalt.
    So wichtig eine professionelle Tennischule auch ist, fehlt es gänzlich an Angeboten für Mitglieder, die nicht jede Woche 50,- € für eine Trainingsstunde bezahlen wollen.

    Vielen Mitgliedern (insb. Anfängern) würde es auch reichen, wenn z. B. gute Jugendliche gegen geringes Entgelt als Spielpartner zur Verfügung stehen.
    Es gibt ferner bei uns keinerlei kostenlosen oder zumindest preisgünstige Angebote (z. B. Spieltreff, Clubmeisterschaften, interne Turniere).
    Dabei ist die breite Mehrheit nicht besonders sportlich ambitioniert.
    Mit LK 18 spielt man schon sehr weit vorne.
    Lediglich zwei Senioren-Mannschaften spielen in der Verbandsliga.
    Die aber führen ein Eigenleben und spielen nicht außerhalb der Mannschaft.

    Wie auch immer:
    Der Mitgliedsbeitrag ist insbesondere für Anfänger nur ein kleiner Kostenfaktor.
    Das Fehlen niedrigschwelliger, kostengünstiger Angebote durch Ehrenamtliche (gerne mit Übungsleiter-Pauschale) beobachte ich auch in anderen Vereinen.
    Wer mit Anfang 40 aus anderen Ballsportarten kommt, ist regelmäßig verwundert über die Strukturen im Tennis.
    Im Grunde ist der Jahresbeitrag nur eine Infrastrukturabgabe.

    Ich selbst habe zwei Jahre viel Energie und Zeit investiert in die Betreuung von Mitgliedern und letztlich resigniert aufgegeben.

    Wie sind eure Erfahrungen?
  • hoeni
    Experte
    • 10.09.2007
    • 555

    #2
    Ich werde aus deinem Beitrag nicht richtig schlau. Im ersten Satz beklagst du Ignoranz von Verbänden. Die aufgeführten Probleme sind aus meiner Sicht aber alle hausgemacht. Was genau ist der Vorwurf an den Verband?

    Die Tennisschule nimmt 50€ pro Stunde und ist voll ausgelastet. Das deutet doch darauf hin, dass die Mitglieder mit dem Training zufrieden sind und es ihnen das Geld wert ist. Ein Problem hättet ihr, wenn das Training 20€ kosten würde und es trotzdem niemand in Anspruch nähme.

    Dass so ein mitgliederstarker Verein mit Ex-Profis als Trainern offenbar ein derart niedriges Leistungsniveau hat, ist wirklich ungewöhnlich. Das einzige Problem, das ich darin sehe, ist dass Jugendliche keinen sportlichen Vorbilder haben. Aber ist es nicht ansonsten unerheblich ob man mit LK 2,3 Spaß am Tennis hat oder mit LK 23?

    Fehlende niedrigschwellige Spielangebote für Anfänger sehe ich wie du als ein ernstes Problem. Wenn es keinerlei Schleifchenturniere, Spieltreffs etc gibt, ist das ein klares Versäumnis (primär des Vorstands). Außerdem sollten die Trainer passende Spielpartner zusammenbringen.
    Konzept aus meinem Nachbardorf: Da wurden vor zwei Jahren zwei Padelplätze gebaut. Der Betreiber hat jeden, dessen Handynummer er - überspitzt gesagt - irgendwie habhaft werden konnte, in eine Whatsappgruppe hinzugefügt. Da sind nun über 100 Leute drin. Wenn da morgens zwei Leute reinschreiben, dass sie für abends noch zwei Gegner suchen (Padel wird nur als Doppel gespielt), haben sie nach 30 Minuten welche. Es kann also ganz einfach sein.
    Zuletzt geändert von hoeni; 13.09.2021, 18:28.

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    • k61951618
      Insider
      • 04.06.2009
      • 479

      #3
      "Dabei ist die breite Mehrheit nicht besonders sportlich ambitioniert."

      Tja.

      Idealerweise bietet ein Club mit einem sportlich orientierten Vorstand Mannschaften von U9 bis zu den Senioren und bietet damit eine Struktur an, innerhalb der sich Spieler jeden Alters entwickeln und sich Ziele setzen können.

      "Gelangweilte Trainer"

      Bin selbst Trainer im Breitensport und habe fast ausschließlich mit "Spielern" zu tun, die plan- und ziellos einmal pro Woche ein Training konsumieren. Zu ihren Zielen befragt, können mir die meisten keine Auskunft geben. Jedenfalls bin ich ehrlich, mache auf die Komplexität des Tennissports aufmerksam und sage ganz offen, dass es schwer bis unmöglich ist, mit 60 min Tennis pro Woche spürbare Fortschritte erzielen zu können. Vergleichbar mit einem 10er Block Geigenunterricht für eine Nichtmusikerin bzw. einen Nichtmusiker.

      Man weiß gar nicht, wo man eigentlich anfangen soll bei diesem Thema. Letztendlich ist Tennis ein beschissen elitärer Sport. Ich wünschte, eine gute Tennisausbildung wäre einer breiteren Masse zugänglich (Aufgrund der 1:1 oder 2:1 Relation zwischen Spieler und Trainer vor allem im Technikerwerb schwer zu bewerkstelligen).

      Kinder, geht doch lieber zum Windsurfen, Fußball, Segeln, Volleyball, etc.
      Zuletzt geändert von k61951618; 14.09.2021, 19:33.

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      • k61951618
        Insider
        • 04.06.2009
        • 479

        #4
        Quiz.

        Bei welcher Tätigkeit wird man im Clubtennis schief angeschaut?

        A. Man bestellt sich nach dem abendlichen Match das achte Bier
        B. Man wärmt sich vor dem Match aus Antwort A auf
        Zuletzt geändert von k61951618; 14.09.2021, 19:31.

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        • k61951618
          Insider
          • 04.06.2009
          • 479

          #5
          Apropos "Kommerz" (siehe Threadtitel): Man denke dabei an Cardiotennis, das man sich einfallen hat lassen, einer noch breiteren Basis Intensität vorgaukeln zu können. Aber um diesen Unfug ist es eh schon ziemlich ruhig geworden.

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          • Pammsel
            Postmaster
            • 05.08.2011
            • 103

            #6
            Ich habe die beiden letzten Jahre eigentlich nur gegen 2 Leute im Verein spielen können, Medenspiele und Ausnahmen mal außen vor, und ich spiele 2-4 mal die Woche, wenn es geht. Nach 11 Jahren im Verein habe ich daher vor 2 Wochen gekündigt und zum größten Verein bei uns gewechselt - Du bist also nicht allein, das scheint ein allgemeines Problem zu sein, für das ich aber auch Verständnis aufbringen kann. Denn die ehrenamtlichen Stellen in einem Tennisverein sind durchaus zeitintensive Beschäftigungen, die kaum noch Jemand auf sich nehmen möchte (ich zähle mich dazu), und zusätzliche Aufgaben wie das Organisieren von internen Turnieren und Ausflügen z.B. bedeutet eben auch noch mehr Aufwand. In meinem alten Verein wurde in dieser Richtung in den letzten Jahren nichts bis wenig getan, und die Mitglieder sind von knapp 200 auf 100 geschrumpft. Er wäre wohl schon pleite, wenn er nicht als WTV Leistungsstützpunkt entsprechende Zuwendungen bekäme.

            Einen engagierten Trainer zu finden ist imho auch alles andere als einfach und hat wenig mit dem vorangegangenen Erfolg desjenigen zu tun. Ich habe vor 11 Jahren begonnen und habe dann nach 2 Jahren und 3 Trainern endlich Jemanden gefunden, der überhaupt Interesse daran hat, dass ich mich als Spieler weiter entwickle. Auch da ist meiner Meinung nach der Verein in der Pflicht! Eine Bewertung der Leistung darf und muss stattfinden! Ein gutes Trainerteam kann und muss dabei auch die unterschiedlichen Ansprüche der Schüler abdecken können, es muss für jedes Bedürfnis einen Kurs geben!

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            • rathp
              Benutzer
              • 18.02.2016
              • 33

              #7
              Grüße aus Österreich!

              Bin selber Trainer mit der höchsten Trainerlizenz und in der Rangliste beim besten Promille von 100tsd aktiven Tennisspielern in Austria. 2015 (oder so) bin ich nach München zur Cardio Tennis Ausbildung gefahren. Nachdem ich genauso gut Marathons/Ironmans mache wie ich Tennis spiele, war das für mich ne super Ausbildung. Da steckt viel Gutes drinnen und ich mache heute noch mit meinen Jungs/Mädels viele von diesen Übungen. Leider sind Tennisspieler beratungsresistent was die Wichtigkeit von Grundlagenkondition und Kraftausdauer im Tennissport betrifft.

              Breitensport vs. Leistungstennis


              Auch bei uns in Österreich ist das ziemlich gespalten. Ich bin einer der „wenigen“ gut/bis sehr gut ausgebildeten Trainer die „Breitensport“ und ausschließlich diesen übernehmen. Viele andere Kollegen sehen diesen nur als Notwendigkeit um dann auf den einen / die eine Rohdiamanten zu warten. Ich bin noch immer begeistert, wenn 5 Jährige nach 1h/Woche bei mir irgendwann den Ball gut treffen, die Technik passt und sie sich jederzeit entscheiden können „mehr“ zu wollen. Ich bewundere aber auch die Frauengruppe 40+ die sich zum Ziel setzen diesen Sport zu erlernen, weil "ihre Kinder auch spielen". Das zollt mir viel Demut und Respekt ab, weil - sind wir uns ehrlich - Tennis dafür einfach ein denkbar ungeeigneter Sport ist weil zu komplex.

              Breitensport Leistbar / Leistungstennis nicht

              Bei uns ist Tennis auf dem Breitensportsektor leistbar. Es gibt viele staatliche Förderungen die zwar mühsam zu bekommen sind, aber doch recht konstant zu beziehen sind. Das macht bei mir fast 1 Drittel der Teilnehmergebühren aus. Leistungssport muss bei uns fast ausschließlich privat bezahlt werden. Mit einem A Lizenz Trainer werden da schon um die 50 Euro fällig. Aus meiner Sicht daher unfinanzierbar. Nicht verwunderlich, dass Domi Thiems Eltern beide Tennistrainer waren.

              Erfolg erwartet

              Vor 7 Jahren habe ich einen Verein ohne funktionierender Infrastruktur übernommen, mit damals 5 Kindern die nicht sonderlich gut spielten. Wir haben die Angebote ausgebaut, Feriencamps und Wochenendspiele. Ich habe noch 2 Trainer in meiner Qualität dazu geholt und zusätzlich noch 3-4 Jungtrainer. Fazit: derzeit haben wir mehr als 120 Kinder und bekommen zusehends ein Platzproblem. Daher heuer auch einen zusätzlichen Allwetterplatz gebaut, der nur von uns Trainern verwendet wird. Auch wenn alle am Anfang skeptisch waren, ich wusste: das wird funktionieren.

              Erfolgt unerwartet

              Was vollkommen unerwartet, weil es keiner am Radar hatte, kam: von meinen 120 Kids haben ca. 50% der Eltern ebenfalls angefangen Tennis zu spielen. Manche davon konnten es früher mal richtig gut, manche davon sind ausschließlich der gemeinsamen Familienbetätigung gefolgt – dementsprechend sehr niedriges Niveau. Den Verein freuts, die Mitgliederzahlen explodieren.

              Es könnte alles so einfach sein…

              Wäre da nicht die „alte Generation“ (meine Generation 40+ und älter) die noch immer den Zeiten von Muster, Becker und Lendl nachtrauern. Da wird der Breitensport verunglimpft, weil „das eh nix wird“ und immer wieder zwischen den Zeilen transportiert, dass Tennis doch bitteschön nur jene spielen sollen, die „es auch können“. Das ganze ging vor 2-3 Jahren soweit, dass ich fast alles hingeschmissen hätte….

              Die Zukunft gehört uns

              Und dann dreht sich alles. Die „neuen“ Mitglieder (Kinder, Eltern, Familien) fingen plötzlich an aus reinem Selbstzweck Vereinsfest zu organisieren, die Anlage noch mehr zu nutzen, mehr zu feiern und zu spielen. Und damit war klar: das (der Breitensport) lässt sich nicht mehr aufhalten. Immer mehr wollen auch mehrmals pro Woche spielen, also haben wir ein Flutlicht gekauft.

              Und die „Alten“? Die trauern noch immer Muster, Becker und Lendl nach..aber keinen interessierts mehr.
              Zuletzt geändert von rathp; 31.10.2021, 21:16.

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              • k61951618
                Insider
                • 04.06.2009
                • 479

                #8
                Ist euch schon mal aufgefallen, wie oft der Nachwuchs von all den Trainerausbildnern nicht Tennis spielt?

                Die meisten "Trainer" sprechen eh nur vom eigenen wirtschaftlichen Erfolg: ÜBER 100 Kinder! Qualität? Null.

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