4 Lektionen von Rafael Nadal
Der Weltranglisten-Erste gibt uns ein exzellentes Beispiel, wie man ein Wettkämpfer erster Güte wird. 4 Dinge erscheinen mir besonders erstrebenswert.
1. Simuliere den Wettkampf im Training!
Nadal spielt nicht nur alle seine Matches mit 110 % Einsatz, er führt auch jede Trainingseinheit mit der gleichen Intensität durch. Ich konnte ihn vor drei Jahren in Hamburg erleben. Er simuliert die Wettkampfsituation und erarbeitet sich seine emotionale Stabilität auf dem Übungsplatz. Er ist vom kleinen Zeh bis zur Haarspitze unter Spannung. Bei jedem Ball! Man spürt die Energie in seinem Umfeld.
2. Verfolge ein Script!
Nadal verfolgt während seiner Matches ein wohl definiertes Script. Es sind nicht nur seine Sprünge während des Münzwurfs, seine Sprints zur Grundlinie und das Ballen der Faust nach wichtigen Punktgewinnen. Es sind auch seine immer gleichen Rituale, z. B. das präzise Ausrichten der Wasserflaschen. Es ist die Art, mit der er das Tempo eines Matches kontrolliert. Sein beherrschtes Auftreten, egal ob er den Punkt gewonnen oder verloren hat. All diese Dinge bilden ein Script, welches Nadal in jedem einzelnen Match einhält.
Wer sein Script kontinuierlich verfolgt, d. h. dieselben Prozeduren immer und immer wieder macht, schafft eine Verantwortung sich selbst und seiner Aufgabe gegenüber. Routinen verschaffen Sicherheit, weil wir wissen, was als nächstes kommt. Sie geben uns das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben.
3. Achte auf deine Körperhaltung!
Routinen sind nur ein Teil des Geheimnisses. Der zweite Teil betrifft die Steuerung der Emotionen. Dies geschieht durch unsere Körpersprache und unser Denken. Wer mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf über den Platz läuft, kann kein Selbstbewusstsein ausstrahlen.
Unser Körper und unsere Gedanken beeinflussen sich wechselseitig. Schaut euch an, wie Nadal sich auf dem Platz bewegt. Wie er die Schultern und den Kopf hält. So wie seine Körpersprache aussieht, so sehen auch seine Gedanken aus -- selbstbewusst!
Kannst du anhand seiner Körperhaltung erkennen,
welchen Punkt er gewonnen und welchen verloren hat?
4. Lebe für den nächsten Punkt!
Nadal spielt nicht, um Sätze, Matches oder Turniere zu gewinnen. Er will immer nur den nächsten Punkt gewinnen! Warum soll er unnötig Gedanken ans Finale verschwenden, wenn noch nicht einmal die erste Runde gespielt ist? Er fokussiert sich vielmehr auf die Dinge, die er unter Kontrolle hat. Er liebt den Wettbewerb und hat Spaß an der Herausforderung.
Seine Einstellung macht sein Selbstvertrauen unzerstörbar. Er ist immer bereit, sein absolut Bestes zu geben. Er weiß, dass Unerwartetes passieren kann. Nicht immer ist alles fair und gerecht. Aber er gibt physisch, mental und emotional alles, was er hat. Reicht das nicht aus, hat er sich nichts vorzuwerfen und kann die Niederlage als fairer Sportsmann akzeptieren.
Spindoc
1) Volle Zustimmung: Von nix, kommt nix!
2) Bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Routine - und damit Selbstsicherheit - schön und gut, aber Routine kommt doch von alleine. Jemand der 20x im Finale eines Grand Slams gestanden hat, wird aufgrund seiner Routine vor dem Spiel sicherlich weniger nervös sein, als sein Gegner der zum ersten Mal dabei ist, ganz einfach weil man die Abläufe schon etliche Male erlebt hat. Das passiert aber eher passiv, als irgendwelche Marotten wie "Ich stelle meine Wasserflaschen immer gleich auf und trete nie auf Querlinien", die aktiv durchgeführt werden. Ob man sich also solche Marotten anlegt ist aus meiner Sicht eher typabhängig und kann nicht als genereller Tipp angesehen werden.
3) Wenn es dir in dem Punkt darum geht, dass man sich mit selbstbewusster Körperhaltung selber Zuversicht vermittelt, dann stimme ich zu.
Im ersten Moment dachte ich, es ginge dir um die Wirkung auf den Gegner. Da wollte ich zuerst auch direkt zustimmen, dann viel mir ein, dass ich es persönlich viel schlimmer finde, gegen Leute zu verlieren die zwischen den Ballwechseln über den Platz schlurfen und Unlust vermitteln, als gegen Leute die mir durchweg zeigen, dass sie bereit sind alles zu geben. Letztere motivieren mich nämlich ebenfalls dazu voll gegenzuhalten, bei ersteren fange ich an zu denken: "Der Typ hat offensichtlich keinen Bock und dennoch ledert er mich hier ab", was einfach nur frustrierend ist.
4) Mein Eindruck von Nadal ist ein bisschen anders. Unbestritten, er gibt bei jedem Punkt alles! Er gehört aber auch zu den Spielern, die bei Big Points über sich selber hinauswachsen. Das zeigt mir, dass er sehr wohl an Sätze und Matches denkt und sich entscheidender Situationen stets bewusst ist. Im Gegensatz zu manch Hobbyplecker hemmt ihn das aber nicht, sondern motiviert ihn umso mehr, noch mehr aus sich heraus zu holen als ohnehin.
Und bei den letzten Partien gegen Djokovic hat man, wenn die engen Situationen zu Gunsten von Djokovic kippen, an der Körpersprache und der Mimik von Nadal auch deutlich Ärger/Frustration über die "Gesamtsituation" angesehen, also Gedanken die der "Konzentration-auf-den-nächsten-Punkt-Mentalität" im Wege stehen.
Vom Beispiel Nadal abgesehen ist es aber sicherlich nie verkehrt, auf dem Tennisplatz im Hier-und-Jetzt zu leben, anstatt sich Gedanken zu machen, wie die Situation nach den nächsten 3-4 Aufschlagspielen aussehen könnte.
Finde es nach wie vor toll, dass du dir die Mühe mit deinen interessanten Beiträgen machst
Zu den Routinen: Ich meine, dass Routinen den Spieler auch vor Ablenkungen schützen. Nirgends gibt es mehr Pausen als im Tennis (vielleicht noch im Golf). Da ist es leicht, mit dem Blick oder den Gedanken zu Dingen abzuwandern, wenn der Ball nicht im Spiel ist.