Retro: Der Aufschlag von Pancho Gonzales



Richard Gonzales, genannt "Pancho", war anders als die Champions seiner Zeit. Viele Topspieler der 40er und 50er Jahre stammten aus gut situierten Familien, die meisten von ihnen kamen zumindest als Teenager in den Genuss von Tennisstunden. Der Unterricht wurde in privaten Klubs gegeben. Und die Mitglieder dieser Klubs waren ausnahmslos weiß.

Pancho war nichts von alledem. Er war ein dunkelhäutiger junger Mann einer aus Mexiko emigrierten Arbeiterfamilie. Seine Eltern waren beide berufstätig, um die Familie zu ernähren. Geld für Tennisstunden ihres Sohnes konnten sie nicht aufbringen. Und selbst wenn die Gonzales-Familie reich gewesen wäre: Private Klubs hätten ihn wegen seiner Hautfarbe vermutlich nicht aufgenommen.

An Vorurteile und Diskriminierung verschwendete Pancho jedoch kaum einen Gedanken. Stattdessen kanalisierte er all seine Energie und Emotionen in den Sport, den er so sehr liebte. Mit Talent und Entschlossenheit wurde er zu einem der größten Tennisspieler aller Zeiten. Zwischen 1953 und 1961 dominierte er den Tenniszirkus nach Belieben und gewann sagenhafte 8 Titel bei den U.S. Professional Tennis Championships.

Panchos Vertrauen in seinen Aufschlag war so unerschütterlich, dass er selbst in wichtigen Matches erst spät im Satz versuchte, den Gegner zu breaken. Er wiegte seine Kontrahenten in Sicherheit und erhöhte das Tempo bei wichtigen Returnspielen plötzlich und aggressiv. Beobachter sagen, dass er bei Breakball gegen sich fast nie einen ersten Aufschlag verschlug.




Pancho Gonzales: Eine Ehrerbietung.


Die besten Aufschläge der Geschichte sind präzise, verdeckt und schnell. Der Präzision kommt dabei meines Erachtens die größte Bedeutung zu. Präzision meint einerseits, eine hohe Quote erster Aufschläge ins Feld zu bringen, und andererseits, die Bälle nah an die Linien bzw. in den Körper des Gegners spielen zu können.

Eine verdeckte Bewegung ist ebenfalls essentiell. Gute Aufschläger wie Pancho Gonzales oder Roger Federer zeigen die beabsichtigte Richtung weder durch ihren Ballwurf noch durch ihre Körperhaltung an. Ihr Ballwurf ist bei jedem Ball nahezu identisch und die Ausgangsstellung der Füße die gleiche.

Erst wenn Präzision und Verdeckung zur vollen Blüte verholfen wurde, kommt Power ins Spiel, der dritte Bestandteil meisterhafter Aufschläge. Geschwindigkeit alleine resultiert entweder in einem Fehler oder einem druckvollen Return des Gegenübers. Freizeitspieler sehen sich leider oft genötigt, gerade an dieser Stellschraube zu drehen, ohne die beiden zuvor genannten Elemente entwickelt zu haben.

Wenn die drei Elemente Präzision, Verdeckung und Geschwindigkeit in einem Spieler zusammenkommen, kann man zweifellos von einem großartigen Aufschlag sprechen. Vielleicht ist es ein kleiner Trost für uns Normalsterbliche, dass nur wenige Profis im Laufe der Jahrzehnte dieses hohe Stadium der Meisterschaft erreicht haben. Pancho Gonzales ist einer von ihnen.


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