Djokovic' Taktiken gegen Nadal



Es ist das Duell der Saison: Rafael Nadal gegen Novak Djokovic. Sechs Mal sind die beiden bis dato bereits aufeinandergetroffen, alle Begegnungen hat der Serbe für sich entschieden. Djokovic scheint derzeit einfach das bessere Gesamtpaket zu haben. Physisch und psychisch steht er Nadal in nichts mehr nach, und kleine technische Verbesserungen (z. B. bei der Aufschlagbewegung) haben seine taktischen Optionen deutlich erhöht. Im Folgenden möchte ich 4 Gründe liefern, warum Novak aus meiner Sicht im Moment taktisch die Oberhand hat.


1. Djokovic' Aufschlag bereitet den Boden für den Punktverlauf

Zwei Dinge fallen bei Nadals Returnspielen besonders auf: Zum einen steht der Spanier gewöhnlich mehrere Meter hinter der Grundlinie, um Novaks Aufschläge in Empfang zu nehmen. Zum anderen dreht er sich nach Aufschlägen auf die Rückhandseite häufig mit dem Rücken zum Gegner – ein klarer Indikator für die verbesserte Aufschlagbewegung und –strategie des Serben.



Bei vielen Returns dreht sich Nadal mit dem Rücken zum Netz.


Djokovic weiß um die Effektivität seines Aufschlags, wenn er ihn konstant abrufen kann. Er demontiert seine Gegner, indem er sie mittels einer Variation an Aufschlägen nach außen aus dem Platz treibt. Einhändige Rückhandreturns, bei denen sich sein Kontrahent mit dem Rücken zum Netz drehen muss, um an den Ball zu kommen, sind keine Seltenheit.


2. Djokovic spielt mit besserer Länge als Nadal

Solange er nicht in Position ist, um aggressive Schläge in Nadals Vorhandecke unterzubringen, spielt Novak die Bälle auf Rafas Rückhand. Bei seinen Longline-Schlägen ist Länge der entscheidende Faktor. Bei einem langen Ball wird es weniger wahrscheinlich, dass Nadal die Rückhand umlaufen und seine starke Vorhand inside-out anbringen kann.

Doch selbst wenn es dem Spanier dank seiner guten Beinarbeit gelingt, eine Vorhand aus der Rückhandecke zu spielen, ist aufgrund der Länge des Balles i. d. R. nur ein neutralisierender, aber kein offensiver Schlag möglich. Daneben variiert Djokovic die Geschwindigkeit und den Spin seiner Schläge, um Nadals Rhythmus und Balance weiter zu stören.



Novak hat zumeist eine bessere Länge in den Schlägen als Nadal.


3. Djokovic öffnet Nadals Vorhandecke über die Rückhandseite

Das Rallymuster, welches Djokovic favorisiert, ist jenes, bei dem sich seine Vorhand mit Nadals Rückhand duelliert. Weil er dieses Duell so oft wie möglich sucht und weil Nadal weiß, dass er seine Rückhandecke unbedingt verteidigen muss, gewinnt der gelegentliche Ball auf die Vorhandseite des Spaniers an Effektivität.



Novaks Vorhand gegen Rafas Rückhand ist das am häufigsten zu sehende Rallymuster.


Hat Djokovic sein bevorzugtes Rallymuster etabliert, drängt er Nadal mit einem klugen Mix aus kurzen Winkelschlägen und langen Bällen in die Ecke immer weiter ab. Nadals Bälle werden nun stetig kürzer und seine Vorhandecke öffnet sich, sodass Djokovic auch diese Seite attackieren kann.


4. Djokovic kontrolliert die Mitte

Djokovic scheint erkannt zu haben, dass Länge das beste Mittel ist, um Nadal daran zu hindern, die Ballwechsel mit seiner Vorhand zu diktieren. Auf diese Weise hält er Rafa aus der Platzmitte fern und neutralisiert dessen stärkste Waffe. Nadal kommt vergleichsweise selten in eine Position auf dem Platz, aus der er Djokovic mit seiner Vorhand ernsthaft verwunden kann.

Dies ist kein Zufall. Es ist eine taktische Entscheidung des Serben. Sein Bestreben in den Rückhand-Vorhand-Duellen liegt auf dem Beibehalten einer guten Schlaglänge, um Nadal möglichst weit hinter der Grundlinie zu halten. Wenn er das Gefühl hat, Nadal verletzen zu können, spielt er einen Winkel. Er kann den Punkt aber auch longline beenden oder einen Stopp einstreuen (s. Video).



Bei Schlägen auf Nadals Vorhand hat Länge für Djokovic oberste Priorität.


Fazit

Der Schlüssel einer erfolgreichen Strategie besteht darin, die Stärken des Gegners zu neutralisieren und seine Schwächen mittels der eigenen Stärken auszunutzen. Djokovic tut genau dies. Er reduziert die Vorhand-Einschläge Nadals durch Länge in den eigenen Grundschlägen und erzeugt häufiger als Nadal die ihm gelegenen Rallymuster, um dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Diesen gordischen Knoten zu lösen, wird in den nächsten Monaten die Aufgabe von Nadal sein.


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