Mehr Entpannung – Neues zur Atemtechnik



Ich liebe diese Momente: Wenn ich mich mit einer Leichtigkeit über den Platz bewege, bei der ich das Gefühl habe, mein Körper würde fast nichts wiegen. Wenn ich das Racket fast ohne Krafteinsatz durch den Raum manövriere und die Schwingungen des Ballkontakts durch den Arm und den Torso bis in den Unterkörper ausstrahlen. Kurz: Ich liebe das Gefühl vollkommener Entspanntheit.


Das Problem

Schon lange habe ich um die Effektivität von Atemübungen zur Erreichung dieses Zustands gewusst (Klick!). Und dennoch begegnete ich immer wieder Menschen, denen die Atemtechnik, die ich ihnen lehrte – meine Atemtechnik – nicht weiterhalf. Menschen, bei denen bewusstes Ausatmen nicht zur Entspannung, sondern eher zur Verkrampfung führte, weil es sich unnatürlich für sie anfühlte und auf Dauer anstrengend wurde.

Eine Fortbildung, welche ich in der zurückliegenden Woche genossen habe, hat mir die Augen geöffnet, warum dies so ist. Ich möchte euch in diesem Blog an meinen Erkenntnissen teilhaben lassen, und euch einladen, eure eigene Atemgewohnheit einmal zu überprüfen, um herauszufinden, ob sie die richtige für euch ist.


Die Idee

Wie ich erfahren habe, gibt es zwei grundsätzlich voneinander verschiedene Atemtypen: Aktive Einatmer und aktive Ausatmer. Erste finden Entspannung, wenn sie die Luft aktiv einsaugen und ohne Zutun wieder entweichen lassen. Diese Menschen benötigen Weite mehr denn Tiefe in der Atmung, was sich auch an ihrer "aufplusternden" Körperhaltung bemerkbar macht. Menschen des anderen Atemtyps können sich besser entspannen, indem sie die Luft aktiv nach draußen führen und passiv wieder einströmen lassen.

Jeder Mensch gehört genau einer dieser beiden Gruppen an. Den eigenen Atemtyp zu kennen ist vor allem deshalb wichtig, weil die falsche Methode zu physiologischen Verengungen, schnellerem Ermüden und reduzierter Leistungsfähigkeit führen kann. Demgegenüber schlägt sich die für einen selbst richtige Methode in einer besseren Haltung und effizienteren Energieversorgung des Körpers nieder. Man kann entspannt sein, ohne sich dafür anstrengen zu müssen.


Die Übung

Um herauszufinden, welcher Atemtyp du bist, empfehle ich dir folgende Übung, die ich auf meiner Weiterbildung gelernt habe: Stell dich aufrecht hin, deine Füße sind so weit auseinander, dass dein Körpergewicht sicher ausbalanciert ist. Entscheide dich zunächst für eine der beiden Atemvarianten, also entweder aktives Einatmen oder aktives Ausatmen, und behalte diesen Entschluss bis zum Ende der Übung bei.

Der aktive Teil soll im Folgenden immer mit Geräusch verbunden sein, den passiven Teil lässt du hingegen einfach geschehen. Wenn du dich also dazu entschieden hast, aktiv einzuatmen, solltest du den einfließenden Luftstrom deutlich hörbar machen, als aktiver Ausatmer entsprechend den ausfließenden Luftstrom. Ist alle Luft verbraucht, lässt der aktive Ausatmer seinen Bauch locker und wartet, bis die Luft wieder zu ihm kommt. Der aktive Einatmer saugt hingegen ganz gezielt neue Luft durch die Nase ein.

In beiden Fällen sollte das Einatmen über die Nase und das Ausatmen über den Mund geschehen. Unterstützend solltest du die Ein- und Ausatemphasen mit deinen Armen begleiten. Führe die Hände beim Einatmen zu dir hin (am besten vor die Brust) und beim Ausatmen von dir weg. Stell dir beim Ausatmen vor, du wolltest links und rechts jeweils eine Wand von dir wegschieben. Du kannst diese Bewegung auch nach vorne, nach oben und nach unten durchführen. Achte darauf, dass dein Oberkörper dabei gerade bleibt.

Nach 4 vollen Atemzügen lässt du die Arme kurz locker hängen, atmest einmal ungezwungen durch und fängst wieder von vorne an. Mach das Ganze noch 3 Mal, also insgesamt 4 x 4 Atemzüge. Höre anschließend in deinen Körper hinein und stelle Unterschiede fest. Fühlt er sich angenehmer oder unangenehmer an als vorher?

Mach die gleiche Übung am nächsten Tag noch einmal, nur dass du diesmal die andere Atemtechnik verwendest, d. h. atme aktiv ein, wenn du am Tag zuvor aktiv ausgeatmet hast und vice versa. Nun hast du den Vergleich: Du kannst dich fragen, was sich besser angefühlt hat und somit bestimmen, ob du aktiver Einatmer oder aktiver Ausatmer bist.


Der Nutzen

Anschließend kannst du einmal versuchen wahrzunehmen, wie du in Stresssituationen auf dem Tennisplatz atmest. Wenn du beispielsweise kräftig ausatmest, obwohl du dich als aktiven Einatmer deklariert hast, sollte dich das stutzig machen. Möglicherweise stellst du sogar fest, dass du zum Luftanhalten tendierst. Ruf dir ins Bewusstsein, wie es sich für deinen Körper anfühlt, nach der für dich richtigen Methode zu atmen und schau was passiert.

Für Menschen, die gewohnheitsmäßig oder auch nur manchmal in einer für sie suboptimalen Weise atmen, kann dieses Bewusstsein eine verblüffende Erfahrung sein. Es kann innerhalb kürzester Zeit Leistungspotentiale freisetzen, um deren Existenz du bisher kaum wusstest. Mehr Energie, weniger Anstrengung und Anspannung. Alles was es braucht ist ein bisschen Achtsamkeit und den Willen, sich darauf einzulassen.


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