Kurz erklärt: Die einhändige Rückhand
Gemäß einer Umfrage bevorzugt eine überraschend große Anzahl Forumsteilnehmer die einhändige Rückhand gegenüber der beidhändigen. Daher erachtete ich es als eine gute Idee, die Grundlagen dieses Schlags wieder einmal ins Gedächtnis zurückzurufen. Um dies besonders anfängerfreundlich zu tun, beschränken wir uns auf die – aus meiner Sicht – wesentlichsten Faktoren und schauen uns einen Spieler an, der diesen Schlag schnörkellos und effizient spielt: Roger Federer.
Die einhändige Rückhand des Rekord-Grand-Slam-Siegers in Superzeitlupe.
1. Schlüsselbild: Kinn oberhalb der rechten Schulter
Roger dreht seine Schultern in der Vorbereitungsphase um die Wirbelsäule herum, sodass sein Kinn über die rechte Schulter gelangt. Wichtig: Der Kopf dreht sich nicht mit, die Augen sind auf den Ball fixiert. Beachtenswert ist ferner die Höhe des Schlägerkopfes am Rückschwungende. Beides zusammen, die vollständige Drehung und die hohe Position des Schlägerkopfes, begünstigt das Entstehen einer kinematischen Kette. Roger erreicht diesen ersten wichtigen Schlüsselmoment spätestens dann, wenn der Ball auf seiner Platzhälfte aufspringt.
2. Schlüsselbild: Griffkappe leuchtet den Ball von unten an
Bevor er den Schläger nach vorne zieht, senkt Roger seinen Schlagarm hinter dem Rücken ab. Seine Schultern bleiben währenddessen zurückgedreht, um die Energie für den Vorwärtsschwung zu speichern. Was im Video nicht so gut zu sehen ist, ist die Gewichtsverlagerung auf den vorderen Fuß, die inzwischen ebenfalls stattgefunden hat. Nachdem Federer das Racket abgesenkt hat, zieht er es mit dem Griffende voraus zum Ball. Wenn er besagten Schlüsselmoment erreicht, hat sich seine linke Hand vollständig vom Schlägerherz gelöst und sein Schlagarm gestreckt.
3. Schlüsselbild: Gerader Schlagarm am Ende des Vorwärtsschwungs
Der Ballkontakt ist selbstredend der Moment der Wahrheit im Tennis, doch sollte man ihn nicht vom Rest des Schwungs isoliert betrachten. Ich selbst sehe den Schwung als etwas Ganzheitliches an und habe die Erfahrung gemacht, dass ich den Treffpunkt am leichtesten finde, wenn ich das dritte Schlüsselbild visualisiere: Der Schlagarm ist gestreckt und zeigt leicht nach links, das Handgelenk befindet sich in etwa auf Augenhöhe und der Kopf ist in einer ruhigen, stabilen Position. Nicht jeder lässt den Kopf solange dem Treffpunkt zugewandt wie Roger, aber eine ruhige Haltung weisen alle guten Spieler auf. Schließlich beginnt der linke Arm mit seiner Gegenbewegung nach hinten.
Derselbe Schlag noch einmal ohne Kommentar zum Selbststudium.
Selbstverständlich existieren vielfältige Variationen innerhalb des beschriebenen Modells. Wir können uns nicht eine Rückhand von Roger oder irgendeinem anderen Spieler ansehen und sagen: "So wird die einhändige Rückhand geschlagen." Dazu gibt es zu viele Faktoren, die situationsbedingt zu einem anderen Aussehen des Schwungs oder Teilen desselben führen können. Der Stand mag variieren, das Timing der Drehung oder der Gewichtsverlagerung, die Gegenbewegung des linken Arms, etc . Dennoch glaube ich, dass wir die 3 Schlüsselbilder bei einem hohen Prozentsatz aller einhändig geschlagenen Rückhände wiederfinden können. Überzeuge dich auf Youtube und lass es mich wissen, wenn ich komplett daneben liegen sollte.
Spindoc
Zum anderen besteht ein Zusammenhang zum verwendeten Stand. Aus dem geschlossenen Stand, den wir typischerweise dann sehen, wenn der Schlag von weiter außen auf dem Platz erfolgt, bekommen die Spieler eine größere Schulterdrehung im Rückschwung. Dementsprechend findet auch eine deutlich sichtbare Rotation bis zum Treffpunkt statt. Aus dem neutralen Stand aus der Platzmitte heraus ist sie hingegen weniger stark ausgeprägt.
Doch egal welchen Stand Federer benutzt, im Wesentlichen ist sein Oberkörper im Treffpunkt seitlich zum Netz. Das ist – wie du selbst schon gespürt hast – ein wichtiges Kriterium für einen kontrollierten Schlag.
Gruß, Spindoc