Berdych setzt Ausrufezeichen, Stebe scheitert


Mit Wut im Bauch betrete ich das Gelände. Soeben wurde mir eine Wasserflasche konfisziert, weil sie exakt 0,2 Liter zu viel Inhalt hatte. In meinem Affekt befangen habe ich für fünf Minuten nicht übel Lust, mir einen Karton rohe Eier zu besorgen und den Ordner ... aber, was soll's. Reden wir lieber über die Spiele.


Berdych – Troicki


Es ist zu spüren, dass Berdych das Momentum gleich zu Beginn an sich reißen möchte. Der Tscheche wirkt fokussiert, die Länge in den Schlägen stimmt und die ersten Vorhand-Schüsse die Linie runter lassen nicht lange auf sich warten. Jeder kurze Ball Troickis wird von Berdych umgehend bestraft. Selbst bei Bällen, von denen man davon ausgeht, dass es sicherer ist, sie cross zurückzuspielen, ändert Berdych die Richtung. So schafft es Troicki gar nicht erst, ein ihm gelegenes Rallymuster aufzubauen. Als dann auch noch sein erster Aufschlag ausbleibt, ist der Auftaktsatz ruckzuck weg. Troicki blickt ratlos zur Bank.

Im zweiten Satz zünden Troickis erste Aufschläge immer noch nicht, dafür tun es Berdychs Returns. Die Nummer 3 des Turniers bekommt das frühe Break zum 2:0. Troicki ist halbwegs ertränkt. Berdych muss jetzt nur noch darauf achten, Troickis Kopf unter Wasser zu halten. Klar scheint: Eine Änderung im Momentum des Matches kann nur auf einer Änderung in der Körpersprache Troickis fußen. Doch Troicki wird zusehens negativer, flüchtet sich in Galgenhumor. Irgendwann hat er den Glauben an eine Wende verloren. Ich auch. Berdych gewinnt 6/3 6/2. Troicki verliert zum 26. Mal in Folge gegen einen Top-10-Spieler.


Stepanek – Stebe

Der junge Deutsche macht einen entschlossenen Eindruck in den ersten Minuten der Partie. Sein schmächtiges Äußeres lässt kaum vermuten, dass er den Ball mit der Vorhand derart beschleunigen kann. Mit Geschwindigkeit und Winkel drängt Stebe den Tschechen in dessen Rückhandecke weit nach außen und nutzt den sich öffnenden Court für sich. Stepanek muss erst noch herausfinden, wie er gegen den Linkshänder zu spielen hat. Stoppbälle reichen jedenfalls nicht. Gleich zwei Mal hintereinander kontert Stebe diese mit einem Vorhand-Winner cross-court.

Stebes Konstanz von der Grundlinie lässt Stepanek offensiver werden. Mit Erfolg. Im 7. Spiel breakt Stepanek zum 4:3, nachdem er Stebe mit einem Rückhand-Volley aus der Balance gebracht und dieser den Passierball im Netz versenkt hat. Gegen Ende des Satzes spielt Stepanek fast ausschließlich Serve & Volley, Stebes Schultern hängen erstmals durch.

Zweiter Satz: Wieder ist es das 7. Spiel, in dem Stebe sein Service abgibt. Diesmal nach einem Vorhandfehler. Der Deutsche wirkt zunehmend verunsichert, auch von den Platzfehlern, die nach 3 Tagen deutlich mehr zu werden scheinen. Bei 3:5, 15:0 plötzlich ein Punkt für die Galerie: Halbvolley, Lob, Smash – alles war dabei, Stebe ballt noch einmal die Faust. Doch kippen wird das Match nicht mehr. Zu routiniert ist Stepanek. Er bringt sein darauffolgendes Aufschlagspiel durch und gewinnt 6:4, 6:4.



Bereitet sich in Halle mit Marcel Granollers auf Olympia vor: Rafael Nadal.


Nach dem Match wollen fast 10,000 Besucher das abschließende Doppel des Tages sehen. Klar, sie wollen alle nur einen Blick auf einen Mann erhaschen: Rafael Nadal. Der frisch gebackene French Open-Sieger bekommt nach 7 Jahren Abstinenz einen warmen Empfang im Gerry-Weber Stadion und hat sichtlich Spaß auf dem Platz. Gegen Mertinak/Troicki läuft für ihn und seinen Partner Marcel Granollers zwar noch nicht alles rund, aber immerhin dürfen sie weiter im Turnier mitspielen. 5:7, 6:2 und 10:8 lautet das Ergebnis für die Spanier.

Verlierer des Tages: Der Stadionsprecher. Was diesen Mann wohl für seinen Job qualifiziert? Seine Interviewfähigkeiten sind es jedenfalls nicht. Nicht genug, dass sein holpriges Englisch jede halbwegs gescheite Frage an die Spieler unmöglich macht, kann er noch nicht einmal das Draw lesen. So fragte er Tomas Berdych nach einer Einschätzung über seinen nächsten Gegner, der im Match zwischen Stepanek und Stebe ermittelt werden solle. Blöd nur, dass diese beiden in einer ganz anderen Hälfte des Tableaus spielen und Berdych als nächstes auf den Sieger Haas / Granollers trifft. Vielleicht sollte diesem Mann mal jemand das Mikrofon konfiszieren.


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